Begriffserklärung

Was ist Stigma?

©unsplash

Geht man der Herkunft des Wortes Stigma nach, wird schon vieles klar. Der Begriff stammt nämlich aus dem Altgriechischen und war früher eine Bezeichnung für Brandmale oder andere Verstümmelungen, die den Träger:innen zugefügt wurden, um ihren minderen Wert in der Gesellschaft zu kennzeichnen.

In der Regel handelte es sich dabei um versklavte Menschen oder Verbrecher:innen. Das Zeichen auf ihrer Haut sollte allen, die ihnen begegneten, sofort zeigen, dass es sich hier um Menschen handelte, die gemieden werden sollten.

Auch heute kennzeichnenden Stigmata Mitglieder einer bestimmten Gruppe, die vom Rest der Gesellschaft abgegrenzt werden, auch wenn das in der Regel nicht mehr durch Brandmale sichtbar gemacht wird. Diesen Menschen werden von der Mehrheitsgesellschaft eine Reihe negativer Eigenschaften zugeschrieben, unabhängig davon, ob das nun wirklich der Realität entspricht oder nicht.

Können sich Stigmata verändern?

Der kanadische Soziologe Erving Goffman hat den Begriff des Stigmas mit seiner Forschung maßgeblich geprägt. Goffman bezeichnet Stigmata auch als soziale Konstrukte. Das heißt, sie sind von uns Menschen, unseren aktuellen Vorstellungen von Moral und Normalität und gesellschaftlichen Machtstrukturen geprägt. Ändern sich diese Vorstellungen und Strukturen, können sich also auch Stigmata verändern.

Was bedeutete Stigma für Betroffene?

Für Menschen, die zu einer stigmatisierten Gruppe gehören, ist das alltägliche Leben oftmals mit Hürden verbunden. Sie können Ablehnung von ihren Mitmenschen erfahren, haben vielleicht Schwierigkeiten einen Job zu finden und laufen so Gefahr in die soziale Isolation zu rutschen. Auch auf die eigene Selbstwahrnehmung können Stigmata einen negativen Einfluss haben. Oft fangen die Betroffenen an, selbst zu glauben, dass die ihnen zugeschrieben negativen Eigenschaften wahr sind und sie es deshalb verdient haben, isoliert und abgegrenzt zu werden.

Im Falle von Menschen mit psychischen Erkrankungen kann es sein, dass sie sich auf Grund dieses Eigenstigmas keine therapeutische Hilfe suchen, oder sich selbst nicht einmal eingestehen wollen, dass sie krank sind, aus Angst vor den gesellschaftlichen Konsequenzen, die sich dadurch für sie ergeben könnten. Zwar erleben Betroffe Stigmatisierung nicht alle auf die gleiche Weise und Erfahrungen variieren von Person zu Person, Psycholog:innen sehen hierhin jedoch ein ernsthaftes Problem, das Menschen mit psychischen Erkrankungen in ihrem Therapieprozess beeinträchtigen kann.

Stigma wird unterschiedlich erlebt

Stigma wird auch nicht von allen Personen mit psychischen Erkrankungen gleich erlebt. Es spielt zum einen eine Rolle, von welcher Erkrankung sie betroffen sind. Menschen mit einer Depression wird zum Beispiel oft unterstellt, dass sie faul wären und sich einfach mal zusammenreißen müssten. Über Betroffene von Zwangserkrankungen macht man sich manchmal lustig oder geht davon aus, es handele sich hier lediglich um einen Putzfimmel. Die Komplexität der Krankheit und das Leid, das Betroffene dadurch erleben, fällt damit unter den Tisch. Sind Menschen von einer Schizophrenie betroffen, erfahren sie oft Ablehnung, da andere Menschen glauben, sie wäre gefährlich oder könnten gewalttätig werden.

Auch Geschlechterrollen und ethnische Zugehörigkeiten, können beeinflussen, wie Menschen mit psychischen Erkrankungen Stigma erfahren. Von männlich gelesenen Personen wird wahrscheinlich häufiger erwartet, sich mal nicht so anzustellen und keine Schwäche zu zeigen, während weiblich gelesene Personen eher als hysterisch und labil abgestempelt werden. Rassistische Strukturen in unsere Gesellschaft können es nicht-weißen Menschen und BIPOC erschweren, in ihrer Erkrankung gesehen und anerkannt zu werden. Für Menschen mit Rasissmuserfahrung kann es außerdem schwer sein, einen Therapieplatz zu finden, wo ihre traumatischen Erlebnisse richtig verstanden werden.

Welche Rolle spielen Medien?

Forschende aus der Psychologie nennen die Medien immer wieder als einen ausschlaggebenden Faktor für das Stigma um psychische Erkrankungen. Medien sind im alltäglichen Leben unser ständiger Begleiter. Wir ziehen Informationen aus ihnen, lassen uns inspirieren und unterhalten, und werden dadurch auch in unserer Wahrnehmung mit beeinflusst. Es liegt also nahe, dass die Art und Weise, wie psychische Erkrankungen medial dargestellt werden, auch das Stigma um diese Krankheiten beeinflussen kann. Es ist daher wichtig, sich mit diesen Inhalten auseinanderzusetzend und uns zu fragen: Wie können wir Medien nutzen, um das Stigma um psychische Erkrankungen aufzubrechen?